Malen – Kritzeln – Zeichnen – Schreib- und Kunsttherapie: Was sind die Unterschiede?
In diesem Beitrag möchte ich gern die Unterschiede zwischen den fünf oben genannten Techniken erläutern, denn alle haben gemeinsame Berührungspunkte. Alle fünf Techniken haben das Potenzial, uns zu helfen, unsere Gedanken, Gefühle und Erfahrungen auszudrücken. Sie alle können uns dabei unterstützen, unsere Kreativität zu entfalten und unsere Selbstwahrnehmung zu verbessern, was letztlich unsere psychische Gesundheit stärken kann.
Schreiben, Malen, Kritzeln und Zeichnen sind alles kreative Ausdrucksformen, die zur Selbstexploration (das Aussprechen des eigenen Erlebens) und zur Selbstheilung eingesetzt werden.
Sie unterscheiden sich jedoch in einigen wichtigen Aspekten, die dem Anwender bekannt sein sollten.
Schreiben
Es ist eine – allseits bekannte – Form der Kommunikation.
Schreiben kann nicht nur dazu verwendet werden, um mit anderen Menschen Informationen auszutauschen, sondern auch, um Gedanken zu ordnen und Gefühle zu verarbeiten, um Geschichten zu erzählen oder einfach nur Ideen, Meinungen oder Informationen zu sammeln. Dadurch kann uns Schreiben helfen, ganz neue Perspektiven zu entwickeln.
Schreiben ist die älteste und auch die am weitesten verbreitete Form des kreativen Ausdrucks. Es ist eine direkte und effektive Möglichkeit, unsere Gedanken und Gefühle zu kommunizieren und wird in der modernen Welt immer wichtiger.
Schreiben kann im Alltag notwendig sein, aber auch als kreatives Hobby, als Beruf oder als therapeutische Methode eingesetzt werden. Im Rahmen einer Schreibtherapie wird Schreiben beispielsweise gezielt dazu eingesetzt, persönliche Themen zu bearbeiten. Dabei geht es vornehmlich darum, sich mehr oder intensiver mit sich selbst und den eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen, Lösungen für bestehende Probleme zu finden oder neue Einsichten zu gewinnen.
Malen
Es ermöglicht uns, auf ganz besondere Art und Weise zu kommunizieren. Malen kann uns dabei helfen, die uns innewohnende Intuition für den kreativen Ausdruck zu nutzen, um so unsere Selbstwahrnehmung und unsere Empfindungsfähigkeit zu verbessern.
Kritzeln
Kritzeln ist eine sehr freie, ungezwungene Form des kreativen Ausdrucks.
Es ist eine unbewusste Form der Kommunikation, die sich durch die Ver-wendung von einfachen Formen und Linien – Kritzeleien – auszeichnet.
Kritzeln kann bewusst eingesetzt werden, um Stress-Symptome abzubauen, Kreativität zu fördern oder einfach nur Spaß zu haben. Kritzeln kann uns aber auch dabei helfen, unsere Gedanken zu sammeln, unsere Intuition zu nutzen und neue Ideen zu entwickeln. Kritzeln kann als kreatives Hobby, als Entspannungstechnik und sogar als therapeutische Methode (Kunsttherapie) genutzt werden.
Zeichnen
Zeichnen ist eine kontrollierte Form des kreativen Ausdrucks. Es ist eine bewusste Form der Kommunikation und kann verwendet werden, um wunderschöne Bilder zu erstellen, Ideen zu skizzieren oder einfach nur als kreatives Hobby, um besser zeichnen zu lernen, weil man einfach Spaß daran hat.
Zeichnen kann ein kreatives Hobby sein, als Beruf genutzt oder als therapeutische Methode verwendet werden. Im Rahmen der Kunsttherapie kann es helfen, die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern und vor allem die Feinmotorik zu trainieren.
Schreibtherapie
Schreibtherapeuten arbeiten mit ihren Klienten daran, ihre Gedanken und Gefühle durch das Schreiben zu erforschen und diese damit zu verarbeiten. Schreibtherapie kann bei einer Vielzahl von psychischen Problemen hilfreich sein, darunter Depression, Angst, Traumata und Posttraumatischen Belastungsstörungen.
Kunsttherapie
Kunsttherapie ist eine Form der Psycho-therapie, die mithilfe der Künste zur Förderung der psychischen Gesundheit einsetzt wird.
Kunsttherapeuten arbeiten mit ihren Klienten daran, ihre Gedanken und Gefühle durch das Malen, Zeichnen, Basteln oder andere kreative Ausdrucksformen zu erforschen.
Auch die Kunsttherapie kann – ähnlich wie die Schreibtherapie – bei einer Vielzahl von psychischen Problemen hilfreich sein. Allem voran fördert es den kreativen Ausdruck, kann zur Entspannung beitragen und macht viele Menschen froh, weil sie etwas Kreatives erschaffen haben.
Schreibtherapie und Kunsttherapie
Sowohl die Schreibtherapie als auch die Kunsttherapie sind Formen der kreativen Therapie, bei denen unterschiedliche Techniken eingesetzt werden, um persönliche Themen zu bearbeiten.
Der wesentliche Unterschied liegt in der Verwendung der Sprache. In der Schreibtherapie wird die Sprache konkret verwendet, um Gedanken, Gefühle und Erfahrungen auszudrücken. In der Kunsttherapie werden Farben, Formen und Linien verwendet, um Bilder zu schaffen, die dann verbalisiert werden können.
Fragt man mich persönlich, dann sind beide zusammen in Kombination eine sehr gelungene und kreative Form der Selbsttherapie.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Alle fünf Techniken haben einige Gemein-samkeiten. Sie alle ermöglichen uns, unsere Gedanken, Gefühle und Erfahrungen auszu-drücken. Sie können uns dabei unterstützen, nicht nur unsere Kreativität zu entfalten, sondern auch uns selbst, unsere Selbst-wahrnehmung (erheblich) zu verbessern, sowie unsere psychische Gesundheit und Resilienz (Widerstandsfähigkeit) zu stärken.
Die Unterschiede zwischen den Techniken liegen in der Art und Weise, wie sie eingesetzt werden. Schreiben ist eine verbale Form des Ausdrucks, Malen und Zeichnen sind visuelle Formen des Ausdrucks und Kritzeln ist eine ungezwungene Form des Ausdrucks.
Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick:
Medien: Schreiben verwendet Sprache, Malen verwendet Farben, Formen und Texturen, Kritzeln verwendet einfache Formen und Linien, Zeichnen verwendet Linien, Formen und Schatten.
Form: Schreiben ist eine lineare und Malen ist eine non-lineare Form der Kommunikation, Kritzeln ist eine unbewusste und Zeichnen eine kontrollierte Form der Kommunikation.
Zweck: Schreiben kann verwendet werden, um Gedanken und Gefühle zu verarbeiten, Geschichten zu erzählen oder einfach nur Ideen zu sammeln. Malen kann verwendet werden, um Emotionen auszudrücken, Erinnerungen zu visualisieren oder einfach nur Schönheit zu schaffen. Kritzeln kann verwendet werden, um Stress abzubauen, Kreativität zu fördern oder einfach nur Spaß zu haben. Zeichnen kann verwendet werden, um realistische Bilder zu erstellen, Ideen zu skizzieren oder einfach nur zu lernen, wie man besser zeichnet.
Anwendung: Schreibtherapie ist eine Form der Psychotherapie, die das Schreiben zur Förderung der psychischen Gesundheit einsetzt. Kunsttherapie dagegen ist eine Form, die die Künste dafür einsetzt.
Anwendungsbeispiele:
Schreiben: Ein junger Mann schreibt einen Brief an seine kürzlich verstorbene Mutter, um seine belastenden Emotionen auszudrücken und seine Trauer um den zu frühen Tod zu verarbeiten.
Malen: Eine junge Frau malt mit viel Hingabe ein Bild von sich selbst, um über sich selbst nachzudenken und ihr Selbstwertgefühl zu stärken.
Kritzeln: Ein gestresster Manager kritzelt in der kurzen Mittagspause auf einem Blatt Papier herum, um sich zu entspannen, den Gedanken wieder eine Richtung zu geben und um neue Ideen und Ansätze zu entwickeln.
Zeichnen: Ein Patient in einer Reha-Klinik skizziert oder zeichnet ein Bild von einer verworrenen Traumlandschaft, um seine Ängste besser verstehen zu lernen und sich selbst wieder für den kommenden Alltag fit zu machen.
Schreibtherapie: Eine Studentin schreibt nahezu täglich in einem Tagebuch über ihre Gedanken und Gefühle, um besser mit dem Lern-Stress und den Gefühlen einer gerade beendeten Beziehung umzugehen.
Kunsttherapie: Ein älterer Patient in einer Tagesklinik malt ein Bild von seinen wirren Körperwahrnehmungen, um diese mit dem Therapeuten anzusprechen und die Symptome besser zu verstehen.
Malen, Kritzeln, Zeichnen, Schreib- und Kunsttherapie sind kreative Techniken, die zur Selbstexploration und -expression genutzt werden. Sie haben jedoch unterschiedliche Schwerpunkte und Ziele.
Nicht nur für Schreibcoaches und Kunst-therapeuten ist es wichtig, die Unterschiede zwischen den verschiedenen Techniken zu kennen, um die jeweils geeignete Technik für die jeweilige Person und das individuelle Thema auszuwählen.
Auch für Sie als Anwender ist es gut, einige Unterschiedlichkeiten zu verstehen. Hier sind einige Überlegungen, die Sie bei der Auswahl einer Technik berücksichtigen können oder sollten:
Die Vorlieben und Fähigkeiten des Anwenders: Manche Menschen bevorzugen es zu schreiben, während andere lieber malen oder zeichnen. Manche Menschen sind in der Lage, realistische Bilder zu schaffen, während andere eher abstrakt arbeiten. Ein Mensch ist wortgewandt, der andere sucht ständig nach Worten. Wir Menschen sind – Gott sei Dank – verschieden.
Das Thema, das bearbeitet werden soll: Manche Themen lassen sich leichter durch Sprache ausdrücken, während andere sich besser durch Bilder darstellen lassen. Hat jemand guten Kontakt zu sich selbst und kann über viele Dinge sprechen, ist vielleicht Schreibtherapie die bessere Wahl. Fällt es schwer, über manche Dinge zu reden, kann die Kunsttherapie vielleicht einen Zugang schaffen.
Die Ziele der Therapie: Wenn das Ziel der Therapie darin besteht, Stress abzubauen oder ganz allgemein die Kreativität zu fördern, kann vielleicht jede der hier genannten Techniken für Sie hilfreich sein. Wenn das Ziel der Therapie darin besteht, persönliche Themen zu bearbeiten, können je nach Vorliebe Schreib- oder Kunsttherapie sinnvoll sein, um intensivere Auseinandersetzung zu ermöglichen.
Fazit
Die fünf genannten Techniken können uns auf sehr vielfältige Weise helfen, unsere psychische Gesundheit zu stärken.
Sie können uns dabei unterstützen, unsere Gedanken und Gefühle zu verarbeiten, Stress abzubauen, unsere Kreativität zu entfalten, neue Perspektiven zu entwickeln oder gänzlich neue Einsichten vermitteln.
Welche Technik für Sie die richtige ist, hängt von Ihren individuellen Bedürfnissen und Zielen ab. Wenn Sie nach einer einfachen Möglichkeit suchen, Ihre Gedanken und Gefühle zu erforschen und zu verarbeiten, kann möglicherweise jede dieser Techniken hilfreich sein.
Wenn Sie jedoch sehr angespannt sind oder möglicherweise an einer psychischen Erkrankung leiden, kann eine Schreib- oder Kunsttherapie unter der Leitung eines qualifizierten Therapeuten besonders hilfreich sein und ihnen gänzlich neue Einsichten vermitteln.
© Gudrun Anders, www.gudrun-anders.de
